Übungen zur Wahrnehmungsförderung bei Kleinkindern

Praxisbuch Psychomotorik

Praxisbuch Psychomotorik


Mit 52 Übungen und Spielen

  • Ideal für die Vorbereitung von Psychomotorik-Stunden
  • Übungs- und Spielideen sind besonders übersichtlich dargestellt
  • E-Book als PDF mit 86 Seiten

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Neugierig erforschen Kinder vom ersten Lebenstag an ihren Körper und ihre Umwelt. Dazu benutzen sie all ihre Sinne. Die Wahrnehmung ist bei Kleinkindern schon mehr oder weniger stark ausgeprägt.

Psychomotorische Übungen und Spiele unterstützen Kleinkinder bei der Ausbildung und Weiterentwicklung ihrer Sinne und setzen neue Impulse für eine ganzheitliche Wahrnehmungsförderung bei Kleinkindern. Zwischen Wahrnehmung und Bewegung besteht eine enge Verbindung.

In Bezug auf das Sehen und Hören, werden die Kleinkinder heutzutage häufig mit Reizen überflutet, während die körpernahen Sinne (Gleichgewichtssinn, das eigene Bewegungsempfinden, taktile Wahrnehmung) oftmals vernachlässigt werden. Die Psychomotorik versucht, die Entwicklung der Wahrnehmung bei Kleinkindern in einer Balance zu halten und die Kinder ganzheitlich zu fördern.

Im Kleinkindalter erfolgt die Wahrnehmungsförderung vorwiegend durch das freie Spiel. Die Kinder beobachten viel und ahmen nach, sie erforschen den Raum und die verschiedenen Materialien.

Mit den angebotenen Materialien können Kleinkinder Selbstwirksamkeitserfahrungen machen, indem sie sich mit den Materialien spielerisch und selbsttätig auseinandersetzen, selbst aktiv sind und eigenständig handeln. Welche Materialien sich besonders für die Psychomotorikstunden mit Kleinkindern eignen, erfahrt ihr hier!

Gezielte Übungen und Spiele fördern die verschiedenen Bereiche der kindlichen Entwicklung. Im Folgenden geben wir ein paar Anregungen und Spielideen, die speziell zur Wahrnehmungsförderung bei Kleinkindern geeignet sind.

1. Auf hoher See – Schiffsgeschaukel

Für diese Übung benötigt man eine stabile, mittelgroße Turnmatte und etwa 3 Reifen, um ein Schiff zu bauen. Möchte man mehrere Schiffe bauen, braucht man die Materialien in der entsprechenden Menge.

Die Matte wird durch die drei Reifen geschoben, sodass zwei Reifen sich an den beiden äußeren Rändern der Matte befinden und ein Reifen mittig positioniert ist. Dadurch erhält man einen Schaukeleffekt.

Die kleinen Kinder setzen sich in die Schiffe und die Reise beginnt. Zuerst beginnt man mit einem leichten Schaukeln, die Wellen bewegen das Schiff sanft. Die Intensität wird Stück für Stück gesteigert. Das Schiff schaukelt stärker hin und her, ein starker Wind zieht auf (Wind durch Pusten imitieren), der sich zu einem Orkan ausweitet und dann wieder abflaut und nur eine leichte Brise zurücklässt.

Tipp: Für das freie Spiel mit solch einem Schiff, lässt sich alternativ auch eine Decke über den Reifen ausbreiten. Das Schiff ist abgedunkelt, wenn die Kinder hineinkrabbeln, ähnelt einer Höhle und sorgt für Ruhe. Das leichte Hin- und Herschaukeln schärft die Sinne der Kleinkinder.

2. Fühlstraße

Auf dem Boden im Bewegungsraum werden unterschiedliche Kleinmaterialien verteilt, beispielsweise Sandsäckchen, Ringe, Bälle, Seile, Kissen oder Tücher. Die Kinder krabbeln nun mit geschlossenen Augen auf dem Boden entlang und tasten mit den Händen nach den Materialien.

Auch Alltagsmaterialien wie Steine, Laub, Zapfen, Wäscheklammern, Bierdeckel oder Zeitungen eignen sich für diese Übung. Die Kleinkinder erforschen die unterschiedlichen Beschaffenheiten der einzelnen Gegenstände und erweitern dadurch ihren sinnlichen Erfahrungsschatz.

Diese psychomotorische Übung fördert vorwiegend die Koordination der Kinder, die Konzentrationsfähigkeit und besonders die taktile Wahrnehmung, denn mit geschlossenen Augen wird das Fühlen intensiviert.

3. Entspannungsmassagen mit verschiedenen Materialien

Entspannungsübungen sind besonders wirksam am Ende einer Psychomotorikstunde. Sie bringen die Kinder nach dem aktiven Spielen zur Ruhe und geben den Stunden einen Rahmen. Abhängig von den räumlichen Gegebenheiten bietet es sich an, den Raum etwas abzudunkeln und somit eine ruhige, gemütliche Atmosphäre zu schaffen.

Eine besonders entspannende Wirkung haben Massagen. Die Massagen können direkt mit den Händen ausgeführt werden oder man verwendet verschiedene Materialien hierfür, z.B. Tücher, Igel- oder Tennisbälle. Wenn die Massagen mit einer Geschichte kombiniert werden (z.B. Pizza backen), dann regt dies die Phantasie der Kleinkinder an.

Bei den Massagen liegt das Kind auf dem Bauch auf einer Matte oder Decke. Entweder übernimmt ein anderes Kind oder der Erwachsene die Massage. Das muss je nach Situation und dem Alter der Kinder individuell entschieden werden.

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  • Ideal für die Vorbereitung von Psychomotorikstunden
  • Mit über 50 Übungen und Spielen, die besonders übersichtlich dargestellt sind
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Wird beispielsweise ein Igelball für die Massage eingesetzt, dann kann der Ball mit leichtem Druck entlang des Rückens, der Arme und Beine bewegt werden. Die taktil-kinästhetische Wahrnehmung wird durch Massagen besonders aktiviert und gefördert.

Idee: Das Wetter – Mit den Händen werden auf dem Rücken des Kindes verschiedene Wetterzustände dargestellt: Sonnenschein, Regen, Wind, Sturm, Gewitter, Hagel. Bei Regen trippeln die Finger sanft auf dem Rücken des liegenden Kindes, bei Hagel etwas stärker. Bei Wind streicht man mit den Handflächen von oben nach unten über den Rücken, usw.

Wichtig: Bei den Massagen die Berührungen immer sanft ausführen und immer auf die Reaktionen und Zeichen der zu massierenden Kinder achten (Die Kinder müssen sich dabei wohlfühlen!)!

4. Mit Instrumenten Klänge erzeugen

Um den Kindern in den Psychomotorischen Stunden einen Rahmen und Orientierung zu geben, bietet es sich an, das Bewegungsangebot mit einer gemeinsamen Übung zu beginnen oder enden zu lassen. Die Übung „Mit Instrumenten Klänge erzeugen“ eignet sich hervorragend zu Beginn einer Psychomotorikstunde auch als Ritual.

Die Regelmäßigkeit des gemeinsamen Musizierens schafft Vertrauen, welches die kleinen Kinder benötigen, um sich wohlzufühlen und sich während der Stunde frei und losgelöst bewegen können. Nur in einem vertrauten Umfeld können sich Kinder in ihrem Tun vollständig entfalten.

Für diese Übung setzen sich die kleinen Kinder im Kreis auf den Boden. Die Kinder lernen verschiedene Instrumente kennen, beispielsweise Rasseln, Trommeln, Klanghölzer oder Triangeln. Anfangs ist es empfehlenswert, nur ein Instrument pro Übung zu verwenden. Abhängig davon, wie viele Instrumente einer Art vorhanden sind, werden die Instrumente an die Kinder im Kreis verteilt. Wenn die Klanghölzer z.B. nicht für alle Kinder der Gruppe ausreichen, dann können die Instrumente von einem zum anderen Kind weitergereicht werden, sodass jedes Kind die Möglichkeit erhält Klänge zu erzeugen.

Die auditive Wahrnehmung wird bei dieser psychomotorischen Übung nachhaltig gefördert, die Kinder entwickeln ein Gespür für unterschiedlichen Klänge und die Auge-Hand-Koordination wird im Umgang mit den Instrumenten geschult.

Idee: Haben die Kinder die verschiedenen Instrumente und deren Klänge kennengelernt, dann kann ein kleines „Konzert“ mit allen Instrumenten veranstaltet werden, bei dem die nun bekannten Instrumente zum Einsatz kommen und ein buntes Klangdurcheinander entsteht. Dies wird den Kindern eine Menge Spaß bereiten. Zwischendurch können die Instrumente gewechselt werden.

5. Materialtransport

Im Raum werden auf dem Boden Gymnastikreifen ausgelegt und neben jeden Gymnastikreifen liegt ein anderer Gegenstand, z.B. ein Sandsäckchen oder ein Ball. Die neben den Reifen liegenden Gegenstände zeigen an, welcher Gegenstand in welchen Reifen transportiert werden soll.

Dies ist wichtig, damit sich die kleinen Kinder beim Sortieren der Materialien leichter orientieren können. In einer Ecke des Raumes liegen verschiedene Kleinmaterialien, wie Ringe, Sandsäckchen, kleine Bälle, Tücher, usw. durcheinander auf einem Stapel.

Jedes Kind erhält ein Fahrzeug, beispielsweise ein Bobby Car oder Rollbrett, mit dem es sich durch den Raum bewegen kann. Das Bobby Car wird darauf sitzend fortbewegt, das Rollbrett wird geschoben (bei Rollbrettern unbedingt Sicherheitshinweise beachten!).

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Die Kinder beladen ihr Fahrzeug mit einem auf dem Stapel liegenden Gegenstand und fahren bzw. schieben ihn mit Hilfe ihres Fahrzeugs zu dem vorgesehenen Reifen. Dort angekommen, legen die Kinder den Gegenstand im Reifen ab und kehren dann mit ihrem Fahrzeug zurück zu dem Stapel mit den verschiedenen Materialien. Die Übung endet, wenn der Stapel komplett abgebaut ist und die Materialien alle in den Reifen verteilt wurden. Nun betrachten die Kinder die Reifen und schauen nach, ob alle Materialien in den dafür vorgesehenen Reifen liegen.

Bei dieser psychomotorischen Übung werden besonders die kinästhetische und die visuelle Wahrnehmung angeregt und gefördert. Die Kleinkinder machen durch das Fortbewegen mit den Fahrzeugen Bewegungserfahrungen. Sie müssen ihre Kraft einsetzen und abschätzen, wie viel Kraft sie für das Fahren und Schieben benötigen.

Außerdem schulen die Kleinkinder ihre Koordinationsfähigkeiten. Sie lenken ihre Fahrzeuge durch den Raum um Hindernisse herum, zielgerichtet auf einen Gymnastikreifen zu. Die visuelle Wahrnehmung wird gefördert, durch das richtige Zuordnen der Materialien nach Größe, Form, Beschaffenheit und Farbe.

6. Der Barfußlauf

Die taktile Wahrnehmung, das Fühlen, lässt sich nicht nur anregen, indem die Hände etwas berühren. Auch unsere Füße sind sehr sensibel und reagieren auf Reize. Daher sollte es Kleinkindern ermöglicht werden, häufiger barfuß zu gehen und die Umwelt auf diese Art zu erforschen. Dadurch können Kinder Erfahrungen machen, die mit Socken und Schuhen an den Füßen nicht möglich sind.

Kleine Kinder, die das Laufen erlernen, können barfuß den Boden unter den Füßen besser spüren und so schneller Sicherheit beim Laufen erlangen (ohne Schuhsohlen, die den direkten Kontakt der Füße mit dem Untergrund unterbrechen) und die Sinneswahrnehmung wird intensiv gefördert.

Beim „Barfußlauf“, einer psychomotorischen Übung, werden Naturmaterialien eingesetzt, sodass die Kinder neben der Förderung der Wahrnehmung gleichzeitig die Natur kennenlernen und einen Bezug zu den Gegenständen herstellen, die sie draußen finden können.

Die Kinder sammeln verschiedene Naturmaterialien, die sie in der Natur finden, wie Gras, Blätter, Moos, Kastanien, Baumrinde, Mulch, flache Steine, Sand, Erde, Zapfen, und vieles mehr. Da die Kinder noch recht klein sind, ist es wichtig, die Kinder bei der Suche gezielt zu unterstützen. Daher ist es vorteilhaft, wenn mindestens zwei Erwachsene die Materialien gemeinsam mit den Kindern sammeln.

Die gesammelten Utensilien werden nun sortiert nacheinander als eine Art Naturpfad aufgereiht. Die Kinder legen ihre Gegenstände selbst an die entsprechenden Plätze, indem sie die Größe, Form, Beschaffenheit der Materialien genau betrachten und dann schauen was zusammenpasst. Hierdurch werden sowohl die visuelle als auch die taktile Wahrnehmung gefördert.

Wenn der Naturpfad angelegt ist, dann können die Kleinkinder ihn genau erforschen, indem sie barfuß darüber laufen oder krabbeln. Die Kinder spüren mit den Fußsohlen und Händen wie sich die unterschiedlichen Naturmaterialien anfühlen, sie können auf diese Weise zahlreiche Sinneserfahrungen machen. Besonders die körpernahen Sinne werden hierbei gefördert, wie die vestibuläre Wahrnehmung, also der Gleichgewichtssinn, sowie die taktile Wahrnehmung, das Tasten, Berühren und Fühlen.

Weitere Übungen und Spiele mit unterschiedlichen Materialien und verschiedenen Förderschwerpunkten gibt es hier: Psychomotorische Übungen und Spiele – Anregungen und Ideen für die praktische Arbeit.